27.08.2014

Leserbrief und offener Brief

Gustl Mollath, Freispruch und trotzdem Revision
(Teilveröffentlichung als Leserbrief AZ vom 26.09.2014)

Mein weiterer Leserbrief, Titel Justiz “Das verdienen viele Richter nicht.“
Süddeutsche Zeitung 18.12 2014, und “Gedemütigte Ermittler“ vom 8.04.2015, ebenfalls SZ stehen für Sie auf Anforderung als PDF-Datei zur Verfügung.

Eine wertvolle Analyse, die ich jedem Bürger, auch der Polizei, der Staatsanwaltschaft empfehle, ist der Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Sommer aus 2014, zu sehen auf YouTube „Ich habe den Glauben an die Justiz verloren“. Sie erfahren dort z.B. etwas über die Wirkung des Primings, das oft auf Staatsanwälte und Richter einen verheerenden Einfluss zum Nachteil des Angeklagten hat.

Für seine aufrechte, kompromisslose Haltung bewundere ich Herrn Mollath; was für ein beispielloser Kampf gegen die Justiz, Gutachter und die eigenen Anwälte.

Den Schaden, den unser Staat/Justiz diesem Menschen angetan hat, ist mit Geld nicht aufzuwiegen. Ich habe mich nicht so intensiv mit diesem Fall beschäftigt, dass ich mir ein Urteil erlaube, was die letzte ausstehende Forderung von Herrn Mollath betrifft, die Grundlage der Revision ist.

Als mehrfach zu Unrecht Verurteilter kann ich sehr gut nachvollziehen, dass einem Betroffenen u. U. ein Freispruch nicht genügt. Auch ich habe erleben müssen, dass mit unseriösen, dummen Entscheidungen verhindert wurde, TäterInnen zu stellen, was mir wichtig war/ist. Einen Freispruch habe ich nur als eine Zwischenstation auf dem Weg zum Ziel angesehen. Ein Freispruch kann durchaus noch eine schwere Belastung darstellen, gleichgültig wie der BGH entscheiden wird. Die Bereitschaft der Justiz, eigene Fehler zu korrigieren, ist nicht ausgeprägt, würde sie doch in einem Strafverfahren mittelbar auf der Anklagebank sitzen.

Fehler der Justiz werden grundsätzlich nicht zugegeben, Ausnahmen bestätigen diese Regel. Der ehemalige Richter Frank Fahsel, LG Stuttgart hat in beeindruckender Offenheit Übeltäter seiner Zunft heftig angegriffen, und das zu Recht. Häufig fehlt es den Juristen der Justiz an Zivilcourage, Weisheit, Menschenkenntnis und Gesundem Menschenverstand, Themen die im Studium offenbar keinerlei Relevanz haben. Zuviele Unrechtsurteile sind ein Teil dieses Problems. Ermittlungen z.G. des Beschuldigten nach § 160 (2) StPO unterbleiben meist ganz, dagegen werden unfähige, schlampige und engstirnige (Tunnelblick) Ermittlungen unreflektiert übernommen, was häufig zu einem vermeidbaren Totalversagen der Justiz führt, mit der Folge, das Opfer wird angeklagt. Wer es nicht erlebt hat, wird nicht glauben, dass solche Justizverbrechen in Deutschland möglich sind. Viele Richter/Staatsanwälte verlassen sich auf traditionelle, systemimmanente Kumpanei in der Justiz; das Recht und die Gerechtigkeit bleiben auf der Strecke.

Was Herr Mollath vorbildlich geleistet hat, ist sicher Ansporn für viele unschuldige Justizopfer sich gegen Fehlverhalten der Justiz zu wehren. Häufig genügt es, nachzudenken, um zu erkennen, die Justiz will ihr Gegenüber für dumm verkaufen.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, auch für die Justiz muss das gelten. Wer innerhalb oder außerhalb dieser Institution zu menschenverachtendem Unrecht durch die Justiz schweigt, macht sich schuldig, kann schon morgen selbst ein Opfer sein.

Primär beziehen sich meine Gedanken auf das Strafrecht, es gibt aber auch schrecklich unfähige und parteiische Richter im Zivilrecht, die mit dienstaufsichtsrechtlichen Mitteln nicht zu belangen sind, aber für üble Entscheidungen verantwortlich sind.

Letztlich brauchen wir einen “Schwarzen Ring” als Pendant zum Weißen Ring gegen Willkür und Verbrechen der Justiz, wie ich es dem Bundespräsidenten vorgeschlagen habe. Kann ein unabhängiger Justizobmann helfen, das Vertrauen in unsere Justiz zu stärken?